Iunia Marca

Vor vielen, vielen Sommern gelang es meinem Vater Athenus Marca, ein wie er immer wieder behauptet zu jener Zeit recht erfolgloser Händler, von einigen Bauern, jenem stinkigen Volk vom Lande, ihr Hab und Gut zu einem annehmbaren Preis zu erwerben. Und durch Geschick und Fleiß gelang es ihm recht schnell noch weitere Gehöfte zu erwerben, die er in all seiner Großmut zu einem einzigen Gut vereinte, um den darauf befindlichen Bauern in Form ihrer Versklavung ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Um die Verantwortung über ihr eigenes Wohl und Wehe erleichtert, zeigte sich dieses Landvolk als überaus fleißig, ihre Felder, welche sich nun im Besitz der Familie Marca befanden, erbrachten mehr Ertrag als jemals zuvor. Und mein Vater beschloss alsbald einzig und allein auf den Handel mit den Früchten der Äcker zu setzen. Klug wie er war, hielt er sich aus den Zwistigkeiten zwischen Ar und Cos heraus und handelte mit beiden Seiten. Er wusste ein jeder Mensch bedarf einer regelmäßigen Mahlzeit und der Klang der klingenden Münzen die im Austausch für jene Waren in seinen Geldbeutel fielen, war jene Musik die ihm und seinen Nachkommen ein bequemes Leben ermöglichte.
Als der Konflikt mit der Seemacht Cos sich zuspitzte, trieb ihn dann doch die Sorge um und er verlegte seinen Hauptwohnsitz hinaus aufs Land. Er ließ eine prächtige Villa auf einem Hügel errichten, inmitten seiner Ländereien, auf das ein jeder auf seinem Landgut, ob frei oder unfrei, zu ihm hinauf sehen musste und sich somit seines Platzes gewahr würde.
Nachdem Ar in die Hände jener aus Cos geriet kehrte wieder Ruhe und Frieden ein, der Hunger der Menschen war so groß wie eh und je und unser Auskommen gesichert. Mein Vater wies meine Brüder, bevorzugt Laelius der Erstgeborene, in die Geschäfte ein, ich sowie meine Schwester lernten einen Haushalt zu führen, das Leben eines zukünftigen Gefährten zu erleichtern. Um des lieben Friedens willen und gewiss auch um die Geschäfte zu erleichtern, gab mein Vater meine Schwester Iulia einem der neuen Herren aus Cos in die Hände. Sie aus dem Haus zu lassen war eine weise Entscheidung, ein Maul weniger zu stopfen, sowie eine familiäre Bindung mit den nun Herrschenden. Die Münzen rollten nun fortan über unsere Tische, allermeist auf die Seite meines Vaters, doch in all diesem Glück wollte das Schicksal uns nun auf die Probe stellen.
Unheil braute sich über Ar zusammen, ein Aufstand, eine Revolte, schlecht für das Geschäft. Eine wilde Mörderbande, die den Wert der Ehre über den der baren Münze legte, bahnte sich mordend und brennend ihren Weg durch die Gassen von Ar. Jene die aus Cos stammten, jene die sich mit ihnen verbunden fühlten und gewiss auch jene die etwas von Wert besaßen, vielen dem blutigen Schwert zum Opfer. Es dauerte Tage des bangen Wartens bis uns die schreckliche Nachricht vom gewaltsamen Tode Iulias und ihres Gefährten Naevius ereilte. Es brach meiner Mutter das Herz und sie verweigerte aus Gram jedwede Speise, um dann als bald den letzten Atemzug zu tun. Der Schrecken des Krieges kam über uns, Krieger und Söldner verheerten unsere Ländereien, ob Cos oder Ar, alle verhielten sich wie wild gewordene Bestien.
Es war ein grausiger Winter, doch brachte der Frühling das Leben zurück, die Aussaat und den Frieden. Mein Vater war zu sehr Geschäftsmann, als das ihm solcherlei Ereignisse lange Zeit beschäftigen. Und so wurden die toten Sklaven, Krieg bringt viele frische Seelen in Ketten, recht schnell ersetzt. Ich war nun die letzte noch lebende Frau der Familie, Schwester und Mutter in einer Person. Jedoch wollte mein Vater an mir nun etwas gutes tun, eine Reise, Erfahrungen für die Ewigkeit, bevor er mich gewiss gewinnbringend mit einem Mann vergefährtet.



Comments